Kein Preisschock in 2024 / Dennoch mehr Ambition als im Kommissionsvorschlag / EVP und Renew schlagen Kompromiss zum ETS vor
"Mit unserem Kompromissvorschlag geben wir der Industrie in schwierigen Zeiten mehr Luft zum Atmen und vermeiden einen Preisschock im Jahr 2024. Gleichzeitig reduzieren wir immer noch mehr Treibhausgase bis 2030 als im Kommissionsvorschlag." Dies erklärte der Berichterstatter für die Reform des europäischen Emissionshandels und Sprecher der größten Fraktion im Europäischen Parlament (EVP, Christdemokraten) Dr. Peter Liese nach der Vorstellung eines Änderungsantrags seiner Fraktion und der liberalen Fraktion Renew Europe. Während zwischen den Fraktionen in vielen Punkten des Berichts über das größte Umweltgesetz aller Zeiten, das EU-Emissionshandelssystem (ETS), inklusive Seeverkehr, Straßenverkehr und Gebäude, Konsens bestand, war das Ambitionsniveau höchst umstritten. Gegen die Empfehlung von Liese und den Vorschlag der Europäischen Kommission nahm der Ausschuss mit nur 4 Stimmen Mehrheit eine starke Erhöhung des Ambitionsniveaus an. Anstatt den von der Kommission vorgeschlagenen 61%, die dem Nettoziel von 55% im Klimagesetz entsprechen, stimmte der Ausschuss für 67% Ambition. Besonders problematisch für die EVP und den Berichterstatter war die Verdoppelung des sogenannten „Rebasings“ in 2024. "Der Ausschuss hat für die Herausnahme von rund 240 Millionen Zertifikaten im Jahr 2024 gestimmt. Das ist doppelt so viel, wie die Kommission vorgeschlagen hat und würde zu einem sofortigen Preisschock führen - und das in Zeiten, in denen wir bereits mit der Notwendigkeit konfrontiert sind, schnell von russischem Gas unabhängig zu werden. Auch wenn wir uns alle einig sind, dass erneuerbare Energien und Energieeffizienz die Zukunft sind, müssen wir das russische Gas leider auch teilweise durch Kohle ersetzen, denn der Ausbau wird nicht schnell genug gehen, um russisches Gas bereits 2024 überkompensieren zu können. Deshalb brauchen wir mehr Luft zum Atmen für Industrie und Verbraucher, gerade in einer Zeit, in der eine Wirtschaftskrise mehr als wahrscheinlich ist. Deshalb wollen wir eine gleichmäßigere Verteilung der Anstrengungen. Ich bin sehr dankbar, dass Renew einen Kompromiss gefunden hat. Die einmalige Herausnahme der Zertifikate wird aufgeteilt und nur 70 Millionen in 2024 betragen. Weitere 50 Millionen werden dann im Jahr 2026 aus dem Markt genommen. Durch die Annahme eines höheren linearen Kürzungsfaktors erhöhen wir das Ziel für 2030 auf 63 %, und - was wichtig ist - auch die Gesamtemissionen zwischen 2024 und 2030 sind niedriger als im Kommissionsvorschlag, so dass es sich auf jeden Fall um mehr Ambition handelt.
Darüber hinaus wurden von der EVP folgende Änderungsanträge eingebracht:
• [Zusammen mit S&D und Renew] Wiedereinführung der Aufstockung des Modernisierungsfonds für Mittel- und Osteuropa um 2,5%
• [Zusammen mit S&D und Renew] zu Regionen in äußerster Randlage
• [Zusammen mit S&D] zum Schutz von Häfen vor Carbon Leakage
• Ein Bonus für nachhaltige, alternative Kraftstoffe in der Schifffahrt und eine Ausnahmeregelung für Schiffe, die LNG und Wasserstoff transportieren
• Beschränkung des Marktzugangs, um Manipulation und Spekulation zu verhindern
• Zu Exporten in CBAM
• Sehr wichtig: Ausnahmeregelungen für Benchmarks, insbesondere für den Stahlsektor
Außerdem hat die EVP zu allen sieben FitFor55-Berichten, die nächste Woche im Plenum abgestimmt werden, einen Änderungsantrag eingebracht, der angesichts der hohen Energie- und Rohstoffpreise sowie des Krieges in der Ukraine, ein Regulierungsmoratorium fordert.
"Das Ergebnis der ENVI-Abstimmung war bereits sehr gut. In 18 Punkten haben wir den Kommissionsvorschlag deutlich verbessert. Wenn unser Kompromiss mit Renew und hoffentlich auch ein paar andere Änderungsanträge angenommen werden, wäre es noch besser. Wir wollen eine Dekarbonisierung der europäischen Industrie und nicht die Deindustrialisierung Europas. Deshalb sollten diejenigen, die investieren, unterstützt werden und diejenigen, die nicht verstehen, dass Klimaneutralität eine neue Normalität ist, eine Menge Druck verspüren. Das ETS ist das Herzstück der europäischen Klimapolitik und wir stärken es erheblich", sagte Liese.