Änderungen der Ausschreibungsbedingungen langfristig wichtigster Punkt / Auch kurzfristige Maßnahmen vorgeschlagen

Peter Liese: Es wird höchste Zeit für gemeinsames europäisches Handeln

Die Europäische Kommission hat am Dienstag ein umfassendes Papier zur Bekämpfung der Arzneimittelknappheit vorgelegt. Darin sind sowohl kurzfristige als auch mittel- und langfristige Maßnahmen vorgesehen. Im Einzelnen schlägt die Europäische Kommission unter anderem vor:

  1. Schon in diesem Monat soll ein freiwilliger Solidaritätsmechanismus für Arzneimittel ins Leben gerufen werden.
  2. Bis Ende des Jahres soll eine Liste von unverzichtbaren Arzneimitteln erarbeitet werden, für die besondere Maßnahmen gelten.
  3. Die bestehenden Regeln sollen flexibel ausgelegt werden, sodass es zum Beispiel leichter ist, Arzneimittel von einem Land trotz nichtvorhandener Beschriftung in der Landessprache, in ein anderes zu schicken.
  4. Zu Beginn des Jahres 2024 wird die Europäische Kommission geänderte Leitlinien zur Beschaffung von Arzneimitteln vorlegen.

Der gesundheitspolitische Sprecher der größten Fraktion im Europäischen Parlament (EVP-Christdemokraten), Dr. med. Peter Liese, CDU, sagte dazu: „Es ist allerhöchste Zeit, dass die Europäische Kommission hier tätig wird. Das Problem wächst seit Jahren und nur gemeinsam können wir es wirklich dauerhaft lösen. Die Änderungen bei den Ausschreibungen, also bei der Beschaffung, sind aus meiner Sicht langfristig der wichtigste Punkt. In Deutschland, aber auch in anderen europäischen Ländern wurde bei den sogenannten Generika, also den billigen Nachahmerprodukten, die 80% des Marktes aber nur einen ganz kleinen Teil der Kosten ausmachen, zu sehr an der Preisschraube gedreht. Während neue, innovative Arzneimittel oft nur zu horrenden Kosten verfügbar sind, gibt es bei Generika oft Tagestherapiekosten von einem Cent pro Tag. Diesen enormen Preisdruck konnten viele europäische Hersteller nicht standhalten, sodass die Produktion in Länder wie Indien und China verlegt wurde. Dies ist eine der wichtigsten Ursachen für die jetzige Knappheit von Arzneimitteln und deswegen muss sich das ändern“.

„Kurzfristig werden geänderte Ausschreibungsbedingungen aber nur begrenzt helfen, weil zwar einige Produktionskapazitäten in der EU sofort hochgefahren werden können, aber der Aufbau von zusätzlichen Kapazitäten mehr Zeit braucht. Deswegen begrüße ich auch die kurzfristigen Maßnahmen. Sie bedeuten aus medizinischer Sicht auch kein Kurieren am Symptom, sondern eine Notoperation, die halt manchmal notwendig ist, wenn ein Problem zu lange vernachlässigt wurde. Genauso wichtig ist aber die Langzeittherapie und die Vorsorge“, bekräftigt der Arzt und Europaabgeordnete.