Peter Liese: „Diese Entscheidung rettet Leben“ 

Europäisches Parlament nimmt im Dringlichkeitsverfahren Änderungen der Medizinprodukteverordnung an / Übergangsfristen werden deutlich verlängert / „Die Notoperation ist erfolgreich durchgeführt worden, jetzt muss der Patient in die Reha“ / Langfristige Lösungen erforderlich

„Diese Entscheidung rettet Menschenleben“. Mit diesen Worten kommentierte der gesundheitspolitische Sprecher der christdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament, Dr. med. Peter Liese, einen Beschluss des Europäischen Parlaments zur Medizinprodukteverordnung vom Donnerstag dieser Woche. Die Abgeordneten haben mit großer Mehrheit eine Verlängerung der Übergangsfristen angenommen. Zuvor hatten sich Ärzte und Patientenvertreter aus der ganzen Europäischen Union dafür eingesetzt. Die Medizinprodukteverordnung wurde 2017 beschlossen, um auf Skandale wie zum Beispiel den PIP-Skandal um schadhafte Brustimplantate zu reagieren. „Dies bleibt auch im Kern richtig. Wir brauchen unangemeldete Kontrollen und Benannte Stellen, von denen einige schlampig gearbeitet haben müssen besser kontrolliert werden. Durch den Brexit und Corona sind aber unerwartete Schwierigkeiten eingetreten und an manchen Stellen haben die Mehrheit im Parlament und im Ministerrat auch zu viele bürokratische Anforderungen in den Text hineinverhandelt.“, so Liese.

„In einem Dringlichkeitsverfahren haben wir daher entschieden, die Fristen für Produkte mit hohem Risiko bis Ende 2027 und für Produkte mit niedrigem und mittlerem Risiko bis Ende 2028 zu verlängern. Das hilft sehr konkret, weil Produkte, die ein bestehendes Zertifikat haben und bei denen sich die Hersteller bemühen, eine Rezertifizierung hinzubekommen, im Moment durch eine vollständige Überlastung der Benannten Stellen trotzdem drohen, vom Markt zu verschwinden oder bereits vom Markt verschwunden sind. Dies gefährdet die medizinische Versorgung akut. Deswegen war eine 'Notfalloperation' erforderlich.“ Der entsprechende Vorschlag der Europäischen Kommission vom 6. Januar wurde mit riesiger Mehrheit im Europäischen Parlament angenommen.

Liese sieht jedoch weiteren Handlungsbedarf: „Wir dürfen uns mit dieser Notoperation nicht zufriedengeben. Der Patient muss jetzt in die Reha. Es gibt grundsätzliche Probleme - etwa bei Nischenprodukten, zum Beispiel für Kinder, wo sich der Aufwand der Zertifizierung nicht lohnt, da die verkauften Stückzahlen sehr niedrig sind. Bei Medikamenten haben wir eine besondere Regelung mit Anreizen (Orphan Drug Regulation und Pediatric Regulation). So etwas brauchen wir auch bei Medizinprodukten. Darüber hinaus müssen wir auch grundsätzlich noch mal an die Verordnung ran und ohne Abstriche an der Sicherheit zuzulassen, die Bürokratie auf den Prüfstand stellen. Ich bin sicher, die Ziele lassen sich besser vereinen als im jetzigen Text. Die Arbeit an einer solchen Revision muss jetzt zügig beginnen“, so der Arzt und Europaabgeordnete.