Dennoch nur Schritt für Schritt Schutz möglich, weil weltweit zu wenig Impfstoff zur Verfügung steht / Kontaktbeschränkungen nötiger als je zuvor / Nach Irland schauen, nicht nach Großbritannien


„Wenn jetzt nichts mehr schiefgeht, wird der Impfstoff für Deutschland und die EU ein Weihnachtsgeschenk“, dies erklärte der gesundheitspolitische Sprecher der größten Fraktion im Europäischen Parlament (EVP, Christdemokraten) Dr. med. Peter Liese mit Berufung auf für gewöhnlich gut unterrichtete Kreise. „Die Europäische Arzneimittelagentur hat offenbar den Termin für ihre endgültige Sitzung zur Zulassung vom 29. auf den 22. Dezember vorgezogen. Die formale Zulassung durch die Europäische Kommission erfolgte dann statt der üblichen 67 Tage in wenigen Stunden. Somit beschleunigen wir das Verfahren nochmal und ich bin überzeugt, dass dies auch ohne Abstriche bei der Sicherheit geht. Ich bin auch überzeugt, dass das Verfahren bei der EMA besser und sorgfältiger ist als das Notfallzulassungsverfahren in Großbritannien“, so Liese.

Der Europaabgeordnete wies nochmal nach Gesprächen mit BioNTech vom heutigen Tag darauf hin, dass der deutsche Impfstoff nicht, wie viele Medien berichten, nach Großbritannien und die USA geht; das deutsche Kontingent sei vielmehr von Anfang an reserviert. „Kein Brite erhält einen Impfstoff, der eigentlich für Deutschland vorgesehen ist und auch die Briten werden noch lange brauchen, bis sie ausreichend Impfstoff haben, um einen großen Teil der Bevölkerung impfen zu können“, so Liese.

Deshalb wies er mit Nachdruck darauf hin, dass Äußerungen, wie die des Wirtschaftsprofessors Hans-Werner Sinn, dass man jetzt nicht mehr über Kontaktbeschränkungen, sondern nur noch über den Impfstoff reden soll, als absolut abwegig. „Herr Professor Sinn redet Unsinn. Wir brauchen genau wie Großbritannien noch viel Geduld, weil einfach nicht genügend Impfstoff weltweit zur Verfügung steht. Wer etwas Anderes suggeriert, macht sich schuldig.

Wir können allerdings schnell in eine Situation kommen, in der wir wieder viel öffnen können, wenn wir uns nicht an Großbritannien, sondern an Irland orientieren. Irland hat durch gezielte Maßnahmen den Inzidenzwert unter 50 gebracht, nachdem sie im Oktober pro Kopf der Bevölkerung mehr Infizierte hatten als Deutschland und viele andere Länder. Jetzt sind Restaurants und Fitnessstudios wieder geöffnet und es gab in den letzten Tagen teilweise null Tote pro Tag. Weitere Öffnungen können dann folgen, wenn andere Impfstoffe hinzukommen, z.B. der von Moderna, für den ich die Zulassung im Januar erwarte und wir z.B. bis März/April den Großteil der Risikogruppen impfen können. Drei

weitere Impfstoffhersteller, mit denen die EU Verträge hat, sind auf einem relativ guten Weg (AstraZeneca, CureVac und Johnson&Johnson). Der Impfstoff von Sanofi scheint leider ein Flop zu sein, aber trotzdem werden wir die Chance haben, bis März/April einen großen Teil der Risikogruppe impfen zu können. Dann sind viele Erleichterungen vertretbar. Und wenn sich genug Menschen impfen lassen, kann die Pandemie im Herbst ihren Schrecken komplett verlieren, weil wir dann genug Impfstoff für die gesamte Bevölkerung in Deutschland und der EU haben“, so Liese.