Mehrere Zulassungen noch in diesem Jahr möglich / AstraZeneca nutzt bekannte Technik / Pandemie wird im Frühjahr ihren Schrecken verlieren und ist möglicherweise in der EU im Sommer schon vorbei, deshalb noch mehr Grund, jetzt durchzuhalten


Die Universität Oxford und der Pharmahersteller AstraZeneca haben soeben die Ergebnisse der Wirksamkeit ihres Coronaimpfstoffkandidaten präsentiert. „Das ist eine weitere sehr gute Nachricht. Das Zwischenergebnis der Studien macht Hoffnung, dass nun schon sehr schnell, vielleicht schon in diesem Jahr, drei Impfstoffe zur Verfügung stehen“, so der gesundheitspolitische Sprecher der größten Fraktion im Europäischen Parlament (EVP, Christdemokraten) Dr. med. Peter Liese.

Die Wirksamkeit scheint geringer zu sein als bei Biontech/Pfizer und Moderna aber der Impfstoff hat trotzdem Vorteile. AstraZeneca nutzt eine bekannte Technik, nämlich einen sogenannten Vektor-Impfstoff. Hier wird ein harmloses Virus so verändert, dass es Teile des Coronavirus enthält und damit eine Impfreaktion provoziert. Wenngleich ich sehr großes Vertrauen in die Projekte von BioNTech/Pfizer und Moderna habe, ist es trotzdem gut, dass wir auch einen Impstoffkandidaten haben, der eine andere Technik nutzt. Möglicherweise ist der AstraZeneca-Impfstoff für bestimmte Personengruppen besser geeignet, und er wäre sicher eine Alternative für Menschen, die die neuartigen m-RNA-Impfstoffe nicht akzeptieren. Ein weiterer Vorteil ist, dass der Impfstoff deutlich günstiger ist als die von BioNTech/Pfizer und Moderna“, so der Arzt und Europaabgeordnete.

„Natürlich müssen die Ergebnisse von AstraZeneca genau wie die von BioNTech und Moderna unabhängig untersucht werden. Alle in Europa zugelassenen Impfstoffe sind sicher, das muss auch bei den Impfstoffen gegen das Coronavirus so sein. Ich rechne aber damit, dass die Europäische Arzneimittelagentur die Daten vielleicht schon vor Weihnachten geprüft hat und ein bis drei Impfstoffe noch in diesem Jahr zugelassen werden“, so Liese. Die Europäische Kommission hatte bereits im August einen Vertrag mit AstraZeneca über den Einkauf von bis zu 400 Mio. Impfdosen beschlossen. „Gemeinsam mit den 300 Mio. Impfstoffdosen von BioNTech/Pfizer steht uns also schon jetzt genug Impfstoff zur Verfügung, um zwei Drittel der EU-Bürgerinnen und Bürger zu impfen, nämlich 350 Mio. (je zwei Impfdosen sind nötig). Sehr wahrscheinlich kommen in Kürze weitere Impfstoffe hinzu, mit Moderna verhandelt die Kommission noch. Drei Kandidaten Curevac, Johnsons&Johnson und Sanofi/GSK mit denen wir schon Verträge abgeschlossen haben, werden voraussichtlich im ersten oder zweiten Quartal nächsten Jahres ebenfalls auf den Markt kommen. Dann hätten wir sogar zu viel Impfstoff, was aber kein Problem ist, da die Verträge ausdrücklich vorsehen, dass wir den Impfstoff auch an Drittstaaten, zum Beispiel auf dem westlichen Balkan oder in Afrika, geben können. Die Europäische Kommission und die deutsche Ratspräsidentschaft haben klug gehandelt, indem sie die Verträge rechtzeitig abgeschlossen haben“, so Liese.

Der Arzt und Europaabgeordnete zeigte sich optimistisch, dass die Pandemie durch die Impfstoffe bereits in wenigen Wochen ihren Schrecken verliert. „Wenn wir, wie vorgesehen, zunächst Risikogruppen und medizinisches Personal impfen, ist es schon im März möglich, einen so hohen Schutz für diese Personengruppen zu haben, dass die Pandemie ihren Schrecken verliert, weil wesentlich weniger Menschen, die sich infizieren, auch einen schweren Verlauf haben. Wenn wir jetzt die Verteilung des Impfstoffes gut organisieren, kann sie in Europa schon im Sommer vorbei sein. Gerade weil es jetzt Hoffnung gibt, ist es dringend erforderlich, das Infektionsgeschehen in Deutschland und Europa in den Griff zu bekommen. Wir müssen es unbedingt schaffen, schnell unter 50 Infektionen pro 100.000 Einwohner zu kommen und so lange unter 50 zu bleiben, bis die Risikogruppen und das medizinische Personal geimpft sind. Durch eine solche Strategie lassen sich Zehntausende von Toten in Deutschland und Hunderttausende von Toten in der EU vermeiden.“