Klimawandel in unserer Region angekommen / Notwendigkeit zum Handeln, aber gleichzeitig Arbeitsplätze im Blick haben / Menschen und Unternehmen in der Krise nicht überlasten

„Es ist uns gelungen, das ambitionierteste Klimaschutzgesetz aller Zeiten auf dem Weg zu bringen und dabei gleichzeitig die Sorgen der Menschen in der Region Westfalen im Blick zu haben und gute Lösung für alle Beteiligten zu finden. Ich bin sehr dankbar für den intensiven Austausch mit vielen Experten aus der Region. Sie haben geholfen, das Gesetz gegenüber den ursprünglichen Vorschlägen der Europäischen Kommission deutlich zu verbessern“, dies erklärte Peter Liese, anlässlich eines Pressegesprächs mit Vertretern von Kommunen, Industrie und Forstwirtschaft aus der Region zu den Klimaschutzgesetzen in der Europäischen Union. In der Nacht zum Sonntag hatten Unterhändler vom Europäischen Parlament, Ministerrat und der Europäische Kommission, unter Leitung Lieses, die Verschärfung und Erweiterung des sogenannten Emissionshandels beschlossen. Das Handelsblatt bezeichnete dies als das größte Klimaschutzgesetz aller Zeiten und hat ausgerechnet, dass durch die Gesetzgebung 25-mal so viel CO2 eingespart wird, wie durch die umstrittene Regelung zum Verbot des Verbrennungsmotors. „Zum Klimaschutz gibt es keine Alternative, das hat nicht zuletzt die Flutkatastrophe im letzten Jahr, auch in unserer Region deutlich gemacht. In der gleichen Minute, als die Europäische Kommission im Umweltausschuss in Brüssel das Paket vorgestellt hat, erhielt ich auf meinem Handy die Nachricht, dass in Altena ein Feuerwehrmann gestorben ist. Bei einem Besuch der betroffenen Menschen, gemeinsam mit Bürgermeister Uwe Kober, konnte ich das ganze Ausmaß des Dramas sehen. Wenn ich daran denke, läuft es mir heute noch kalt den Rücken runter“, so Liese.


„Durch die Stadt fließt die Lenne und jedes Jahr Hochwasser ist eigentlich ein Routine-Prozess. Wir können uns vorbereiten und die Innenstadt absperren. Was im letzten Jahr passierte, war schon eine Katastrophe, wenn auch bei weitem nicht so schlimm wie im Ahrtal. Das Hochwasser kam aber nicht über die Lenne, er kam aus den Seitentälern. All diese kleinen Bächlein, die man im Sommer gar nicht sieht, waren teilweise zwei, drei Meter hohe Flüsse. Wir haben dann sofort einen Krisenstab gebildet und waren in der ersten Woche im Dauerbetrieb. Wir haben sehr schnell, nachdem das Wasser weg war Fachleute geholt um zu schauen wie wir weitermachen können. Kommunale Schäden über 100 Millionen Euro. Auch jetzt benötigen noch viele Menschen psychologische Betreuung. Der Aufbau wird ungefähr noch zehn Jahre dauern, bis auch der letzte Schaden abgearbeitet ist. Was ich erlebt habe in dieser Zeit ist eine unglaubliche Solidarität unter den Menschen und die Zusammenarbeit von Land, Kreis und den Nachbarkommunen war unglaublich“, beschrieb Bürgermeister Uwe Kober die Situation in Altena.

Auch in unseren Wäldern sehen wir die Auswirkung des Klimawandels. „Das Monster ist nicht der Borkenkäfer, sondern der Klimawandel. Der Borkenkäfer gehört zum Ökosystem Wald im natürlichen Ausmaß dazu. Aber was wir seit 2018 erleben ist eine dramatische Auswirkung des Klimawandels, der sich so verstärkt hat, dass die Borkenkäfer-Kalamität überhaupt erst möglich geworden ist. Auch 2022 verzeichnen wir den trockensten August seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Jeder Baum braucht für sein Überleben Wasser. Diese Austrocknung der Böden macht nicht nur den alten Bäumen zu schaffen, das Problem setzt sich in der Wiederbewaldungsphase fort. So lange kein langfristiger dauerhafter Regen kommt, ist es schwierig kleine Bäume zu pflanzen und diese ans wachsen zu bringen“, verdeutlichte Anna-Maria Hille, Wald und Holz NRW, Regionalforstamt Siegen-Wittgenstein, die Auswirkungen der Trockenheit für den heimischen Wald.

„Ich stimme Frau Hille zu, das Monster ist der Klimawandel und nicht der Borkenkäfer. Ohne Trockenheit und Dürre hätte der Borkenkäfer nicht die Chance, die Wälder in unserer Region in diesem Ausmaß zu zerstören.

„Ganz wichtig ist, dass Klimaschutz gemeinsam in Europa durchgeführt wird. Einseitige nationale Maßnahmen schwächen die Wettbewerbsfähigkeit der mittelständischen Wirtschaft, die in Westfalen besonders stark vertreten ist, und bringen wenig für das Klima. Nur Europa gemeinsam hat die Chance, den Rest der Welt wie China und USA zu beeindrucken. Deswegen bin ich besonders stolz, dass es mir gelungen ist, das deutsche System des Emissionshandels für Wärme und Verkehr auf Europa zu übertragen. Für den deutschen Mittelstand, für den deutschen Autofahrer, für die deutschen Nutzer von Gas und Öl ändert sich nichts! Es wird fairer. Andere Europäer beteiligen sich genauso am Klimaschutz, wie das in Deutschland schon der Fall ist und wir haben in die Gesetzgebung hineingeschrieben, dass sozial Schwache, das heißt, nicht nur Arbeitslose, sondern auch Menschen, die jeden Tag hart arbeiten, aber ihr Auto brauchen, um den Arbeitsplatz zu erreichen und zum Beispiel, weil sie viele Kinder haben, auch eine große Wohnung brauchen, gezielt zu entlasten. Das wird in diesem Fall anders laufen als bei der Gaspreis-Bremse, wo auch Millionäre mit Swimmingpool unterstützt werden. Es geht gezielt an die, die es brauchen“, erläuterte Liese.

„Ich glaube der marktwirtschaftliche Ansatz ist der richtige. Brüssel sollte den Rahmen setzen und nicht jedes Detail vorschreiben. Deswegen bin ich nach wie vor gegen das Verbot des Verbrennungsmotors. Es bringt wenig für den Klimaschutz und kostet wahrscheinlich Arbeitsplätze in unserer Region“, betonte Liese.

„Wir müssen den Weg zur Klimaneutralität gehen. Wir bemühen uns schon seit vielen Jahren die Produkte und Prozesse umzustellen. Wir müssen aber Fehler vermeiden, z.B. die Technologieoffenheit zu vergessen. Das Verbot der Verbrenner verbaut diesen Technologieweg. Wir haben sehr viele Autozulieferer und da ist es wichtig, wenn wir diese Transformation machen wollen, dass wir die benötigten Ressourcen bekommen. Wir müssen alles tun um Planungs- und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen“, so Arndt G. Kirchhoff, Geschäftsführender Gesellschafter der Kirchhoff-Gruppe und Präsident des Verbandes der Metall- und Elektro-Industrie.

„Im Gegensatz zu den Grünen bin ich der Meinung, dass wir beim Klimaschutz auch die Herausforderungen der energieintensiven Industrie sehen müssen. Die Grünen wollten die kostenlosen Zertifikate, die Arbeitsplätze in der Industrie schützen, kurzfristig ersatzlos streichen. Dies haben wir zum Glück verhindert. Es nützt nichts, wenn der Zement in Zukunft aus der Türkei, Marokko oder China kommt und dort bei der Produktion die Umwelt belastet wird und wir die Arbeitsplätze verlieren. Nur wenn wir Industrieland bleiben, sind wir Vorbild für den Rest der Welt“, verdeutlichte der westfälische Europaabgeordnete.

„Wir sind seit 2005 Teilnehmer des europäischen Emissionshandels und die nun beschlossenen Vorgaben bedeuten eine Verschärfung des Emissionshandels und dadurch werden auch unsere Produkte deutlich teurer. Wir sehen die Notwendigkeit schnell von den CO2-Emissionen runter zu kommen. Wir müssen aber auch weitere Investitionen tätigen müssen um unseren Prozess CO2-neutral zu machen. Aber wir sind eine der Branchen wo dies am schwierigsten machbar ist und die dafür benötigte Technologie ist noch in der Erprobung“, so Dr. Dirk Spenner, Geschäftsführender Gesellschafter Spenner Zement GmbH & Co.KG in Erwitte.

„In der Region gibt es viele Unternehmen, die von dem Klimaschutzgesetz profitieren werden. Nicht nur die Hersteller von Batterietechnik wie zum Beispiel die INTILION HUB GmbH aus Paderborn oder die Hoppecke Batterien GmbH & Co. KG in Brilon. Vor allem die Forstwirtschaft und die holzverarbeitende Industrie leiden nicht nur unter dem Klimawandel, sie sind auch Teil der Lösung. Wenn wir uns alle stärker auf den Werkstoff Holz und nachhaltige Forstwirtschaft konzentrieren, leisten wir einen riesen Beitrag für den Klimaschutz“, betonte Liese.

„Der Cluster Forst und Holz steht vor großen Herausforderungen. Im europäischen Emissionshandel sind Forderungen formuliert worden, dass der in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich angestiegene Kohlenstoff-Speicher im Wald noch weiter erhöht werden soll. Wir haben in Abhängigkeit vom Altersaufbau unserer Wälder und auch von Kalamitätsereignissen einen dynamischen Kohlenstoffkreislauf. Im Rahmen eines nachhaltigen Waldmanagements und einer effizienten Holzverwendung, mit enormen Klimaschutzeffekten, pendelt sich der Kohlenstoff-Vorrat auf einem gleichbleibenden Niveau ein. Dieser Tatsache wird die Forderung nach einer Erhöhung des Kohlenstoff-Speichers nicht gerecht“, schloss Martin Schwarz, von Wald und Holz NRW, Zentrum für Wald und Holzwirtschaft.