Delegationsleiter des Europaparlaments bei Klimakonferenz - China nicht länger wie Tansania behandeln

Anlässlich der am Donnerstag beginnenden Klimakonferenz in Dubai erklärte der umweltpolitische Sprecher der größten Fraktion des Europäischen Parlaments (EVP, Christdemokraten), Dr. Peter Liese: „Klimaschutz ist und bliebt eine der wichtigsten Herausforderungen unserer Zeit. Wir müssen den weltweiten Anstieg der Emissionen endlich in den Griff bekommen und alle wesentlichen Verursacher von CO2-Emissionen davon überzeugen, was zum Erreichen der Pariser Klimaziele nötig ist. Die internationalen Konferenzen sind mühsam und oft frustrierend, aber ein wichtiger Teil der Lösung.“

„In der deutschen Debatte wird vor allem von der unsägliche sogenannten ‚Letzen Generation‘ oft der Eindruck erweckt, als gäbe es eine nationale Luftsäule über Deutschland und wenn wir diese dekarbonisieren, dann wäre der Kampf gegen den Klimawandel erfolgreich. Das ist natürlich kompletter Unsinn. Effektiver Klimaschutz geht nur weltweit und dafür ist eine geschlossene Europäische Union unabdingbar. Nur gemeinsam können wir den Rest der Welt beeindrucken und beeinflussen. Dabei ist es extrem wichtig, dass wir nicht nur klimaneutral werden, sondern auch Industrieland bleiben.

Denn nur dann werden uns andere Länder und Regionen folgen. Deswegen ist es so wichtig, dass wir sehr schnell die Investitionen ermöglichen, die die Industrie zur Klimaneutralität führen. Dabei geht es nicht nur und oft noch nicht mal vor allem um Geld, sondern um Genehmigungsverfahren sowie die Bereitstellung erneuerbarer Energien und grünen Wasserstoffs,“ dies erläuterten bei einem Pressegespräch mit Liese Vertreter von drei Unternehmen, die im Bereich Kalk, Stahl und Zement die europaweit ersten Projekte für dekarbonisierte Industrieanlagen vorantreiben. „Klimaschutz und Wirtschaftswachstum gehen zusammen, aber dafür müssen die Scheuklappen weg.

Wir müssen ganz schnell die Lagerung und Speicherung von CO2 in Deutschland erlauben und wir brauchen viel schnellere Genehmigungsverfahren für alle Prozesse, da heißt z.B. erneuerbare Energien, Wasserstoffproduktion, aber auch CO2-freie Stahl-, Zement- und Kalkwerke, die zur Dekarbonisierung beitragen. Klimaschutz und Wirtschaftswachstum müssen Vorrang vor anderen wünschenswerten, auch umweltpolitischen Zielen, wie zum Beispiel Biodiversität und Chemikalienpolitik haben“, so der Arzt und Umweltpolitiker.

Bei der Klimakonferenz kommt es nach Auffassung Lieses vor allem darauf an, die seit fast 30 Jahren bestehende Teilung der Welt in Annex 1 und Nicht-Annex 1 zu überarbeiten. „Zu Beginn des Prozesses war es unvermeidlich, auch die Schwellenländer anders als die traditionellen Industrieländer zu behandeln. Mittlerweile ist die Dynamik der Klimakonferenzen von der Wirklichkeit überholt worden. China gilt unter den Kriterien der Weltklimakonvention immer noch als Entwicklungsland. China hat aber mittlerweile mehr pro Kopf Emissionen als die EU und sogar mehr pro Kopf Emissionen als Deutschland und Polen.

 
Quelle: DGAR, JRC https://edgar.jrc.ec.europa.eu/report_2023?vis=co2pop#emissions_table.

Tansania hat 0,25 CO2-pro-Kopf-Emissionen und ist bei den Verhandlungen trotzdem Partner Chinas. Die afrikanischen Länder und die kleinen Inselstaaten müssen unsere Partner sein und gemeinsam müssen wir China davon überzeugen, seine Verantwortung wahrzunehmen, bei den Emissionsreduktionen und bei den Zahlungen. Der Europäischen Kommission ist hier auf Arbeitsebene ein großer Erfolg gelungen. Bei „loss and damage“, also Zahlungen für die Staaten, die unter dem Klimawandel leiden, konzentriert man sich auf die kleinen Inselstaaten und die am wenigsten entwickelten Staaten und der Kompromiss sieht ausdrücklich vor, dass nicht nur die traditionellen Industriestaaten zahlen. Der Erfolg der Klimakonferenz wird sich aus meiner Sicht auch daran messen, ob dieser Text die Verhandlungen am Ende unbeschadet überlebt“, erklärte Liese.

Hintergrund: Drei Projekte zu Dekarbonisierung

  1. Firma SMS aus Düsseldorf/Hilchenbach baut das erste klimaneutrale Stahlwerk in Schweden und ist der Technologieführer beim Umbau des größten Stahlwerks Europas Thyssen Krupp hin zur Klimaneutralität.

    Tim Kleier, Head of Green Steel der SMS Group zum heutigen Pressebriefing:
    „Als weltweit agierender Anlagenbauer in der metallurgischen Prozess-Industrie liefern wir die Lösungen für die globale Dekarbonisierung der Metall-Industrien. Dazu brauchen wir pragmatische Offenheit für Lösungsvielfalt und positive Berichterstattung über den Wandel der Industrie.“

  2. Die Firma Lhoist/Rheinkalk plant in Wülfrath bei Düsseldorf das größte Kalkwerk Europas klimaneutral umzubauen. Es geht um Investitionen von über 1 Milliarden Euro, etwa ein Fünftel davon kommt aus dem Innovationsfond der Europäischen Union.

    Thomas Perterer, Geschäftsführer Lhoist Germany:
    „Wir wollen mit der Dekarbonisierung von Europas größtem Kalkwerk im nordrhein-westfälischen Wülfrath vorangehen. Denn Kalk bleibt ein unverzichtbarer Grundstoff, auch in der klimaneutralen Zukunft. Doch die CO2-Emissionen aus dem Kalkstein sind unvermeidbar. Deswegen kann die Transformation unserer Branche nur mit CCS ein Erfolg werden. Wir setzen jetzt auf starke Signale von der COP und noch mehr auf tatsächliches Handeln in der EU und in Deutschland, um die dafür notwendigen regulatorischen Rahmenbedingungen schleunigst auf den Weg zu bringen.“

  3. Die Firma HeidelbergMaterials plant in Geseke in Nordrhein-Westfalen das erste klimaneutrale Zementwerk. Es geht um Investitionen von einer halben Milliarde Euro, die Firma erhält dazu einen dreistelligen Millionenbetrag aus dem Europäischen Innovationsfond.