Hauptsache gesund - das wünschen wir uns zu Geburtstagen und zum Jahreswechsel. Deswegen muss sich die Politik auf allen Ebenen dafür einsetzen. Das gilt für mich als ausgebildeten Arzt ganz besonders. Auch Europa kann und muss hier einen entscheidenden Beitrag für die Menschen leisten. Dabei konzentrieren wir uns auf die Themen, wo Europa den Schutz der Patienten besser umsetzten kann, als rein nationale Aktivitäten.

 

Kampf gegen die Arzneimittelknappheit – Es ist höchste Zeit für gemeinsames europäisches Handeln

In den letzten Monaten hat sich das Problem der Knappheit von Arzneimitteln dramatisch zugespitzt. Lieferschwierigkeiten gibt es schon seit vielen Jahren und die können immer mal auftauchen, da ist zum Beispiel Unfälle oder sonstige Probleme in der Produktion und in der Lieferkette geben kann. Das Problem ist allerdings seit 2019 auf einem unerträglich hohen Niveau immer größer geworden. Eltern bekommen keinen Fiebersaft für ihre Kinder, Medikamente für Herzpatienten, gegen psychische Erkrankungen und auch Krebsmedikamente sind immer mal wieder nicht verfügbar.


Seit Jahren weise ich auf die Dringlichkeit hin, bestimmte Probleme an ihrer Wurzel zu packen, doch lange Zeit fanden diese Warnungen kein Gehör. Bereits 2019 forderte ich, dass sich der Ausschuss für Umwelt und Gesundheit intensiv mit dem Thema auseinandersetzt, was jedoch aufgrund anderer Prioritäten abgelehnt wurde. Durch die Corona-Pandemie wurde die Problematik offensichtlich, und mein erneuter Antrag führte endlich zu einem Erfolg. Das Europäische Parlament entwickelte einen umfassenden Lösungsvorschlag, der u.a. die Förderung von Rückverlagerungen und die Schaffung einer europäischen Reserve wichtiger Medikamente beinhaltet. Ein Teil dieser Vorschläge wurde bereits in die Reform der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) integriert, was deren Handlungsfähigkeit in Krisenzeiten stärkt. Trotz dieser Fortschritte sind die bisherigen Maßnahmen nicht ausreichend. Die Europäische Kommission muss dringend weitere Schritte unternehmen, um die Vorschläge für einen Critical Medicines Act zu unterstützen, der unter anderem die Versorgungssicherheit und lokale Produktion in Europa stärkt. Die Probleme bei der Arzneimittelversorgung sind komplex und bedürfen entschiedener und koordinierter Aktionen auf europäischer Ebene.Deutschland und Europa müssen ein klares Signal senden, dass die Versorgung mit Arzneimitteln gesichert und die Produktion in der EU lohnenswert ist. Die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten sollten gemeinsame Ausschreibungen fördern, die nicht nur den Preis, sondern auch Qualität und Lieferfähigkeit berücksichtigen. Kurzfristige nationale Maßnahmen können Linderung verschaffen, doch nur ein gemeinsames europäisches Vorgehen kann das Problem langfristig lösen.

Arzneimittelknappheit in Deutschland und Europa - Hintergrundpapier

 

Krebsbekämpfung als europäisches Ziel

Seit 2020 ist das Thema Krebsbekämpfung, vor allem dank Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, eine Priorität der Europäischen Union. Viel ist erreicht worden: Es gibt unter anderem eine finanzielle Unterstützung von 4 Milliarden Euro, die insbesondere in gemeinsame Forschungsaktivitäten wie die Innovation der mRNA-Technologie fließen. Unser Ziel ist es, das Leben all derjenigen zu erleichtern, die gegen den Krebs kämpfen: Patienten, Überlebende, Forscher, Pfleger und Gesundheitsexperten. Um dies zu erreichen, ist eine bessere grenzüberschreitende Zusammenarbeit unabdingbar.

Viele Forscherinnen und Forscher leiden bei ihrer wichtigen Arbeit unter übermäßiger Bürokratie und unterschiedlichen Regelungen in den Mitgliedstaaten. Wir brauchen daher eine einheitliche Umsetzung, zum Beispiel bei der Datenschutzgrundverordnung, um der Forschung keine Steine in den Weg zu legen. Das Leben der Patienten soll erleichtert werden, indem wir die Erstattungsregeln vereinfachen, wenn man sich, weil zum Beispiel im eigenen Land kein Spezialist vorhanden ist, in einem anderen EU-Mitgliedstaat behandeln lässt.

Wir brauchen ebenfalls eine verbesserte Prävention, um vermeidbare Krebsursachen zurückzudrängen. Impfungen sollen kostenlos zur Verfügung gestellt werden und einfach sowie niederschwellig angeboten werden. Krebs ist in jedem Alter schlimm, bei Kindern ist er aber besonders tragisch. Deswegen setzen wir uns für maßgeschneiderte Anreize zur Förderung der Entwicklung von Arzneimitteln für Kinderkrebs und eine Erleichterung des Zugangs zu grenzüberschreitenden klinischen Studien ein.

Letztlich müssen wir auch an die Überlebenden denken. Viele Menschen, die zum Beispiel als Kind oder Jugendliche Krebs hatten, werden noch Jahrzehnte später diskriminiert, weil man ihnen zum Beispiel den Zugang zu Versicherungen oder Krediten erschwert. Dies muss sich ändern.

Europäisches Parlament stimmt über Abschlussbericht des Krebs-Sonderausschusses ab

 

Versorgungssicherheit bei Medizinprodukten sicherstellen – Insbesondere die Leben der kleinsten Patienten schützen

Die Medizinprodukteverordnung der Europäischen Union sorgt zurzeit für viele berechtigte Proteste und Klagen. Eine bessere Regelung von Medizinprodukten in der Europäischen Union war nach vielen Skandalen notwendig. Die Europäischen Institutionen sind dabei jedoch über das Ziel hinausgeschossen. Die jetzige Situation gefährdet genauso wie die Situation vor der Verordnung, Menschenleben, aber in anderer Art und Weise. Die Fristverlängerungen, die das Parlament und der Rat in den letzten Jahren immer wieder beschlossen haben, haben das Problem etwas abgemildert, aber keine grundsätzliche Lösung gebracht. Deshalb muss jetzt so schnell wie möglich eine grundlegende Reform stattfinden.

Medizinprodukte reichen von Herzkathetern bis zu Heftpflastern, inklusive lebenswichtiger Tests wie dem HIV-Test. EIne neue Verordnung war notwendig, um auf Skandale und unzureichende Überwachungen zu reagieren, wie z.B. den Einsatz minderwertigen Silikons in Brustimplantaten oder unzuverlässige HIV-Tests. Die neuen Regeln brachten zwar Verbesserungen wie unangemeldete Kontrollen und ein Implantatregister, führten aber auch zu unnötiger Bürokratie und Belastungen. Besonders kleine Patientengruppen leiden unter den strengen Anforderungen. Die Probleme resultieren aus überzogenen Regulierungen, politischen unbedachten Entscheidungen im Rat und einer linken Mehrheit im Parlament und externen Faktoren wie dem Brexit. Zusätzlich hat aber auch die Industrie die Folgen unterschätzt. Eine Lösung erfordert eine umfassende Reform, die ich gemeinsam mit der Kollegin Angelika Niebler in 10 Punkten zusammengefasst habe und den Verantwortlichen der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen an der Spitze vor kurzem überreicht habe. Die EU-Kommission muss schnell handeln, um die medizinische Versorgung zu sichern und die Industrie zu entlasten, ohne die Patientensicherheit zu gefährden. Eine grundsätzliche Lösung ist essentiell, um die Versorgung mit lebenswichtigen Medizinprodukten zu gewährleisten.

10 Forderungen für die Änderung der Medizinprodukteverordnung

Hintergrundpapier

 

Ein Gesundheitsdatenraum für Europa - Grenzüberschreitender Datenzugang für Patientensicherheit, Forschung und Innovation

Mit dem europäischen Gesundheitsdatenraum machen wir einen entscheidenden Schritt hin zur Schaffung einer Gesundheitsunion. Dieser Datenraum ermöglicht es Patientinnen und Patienten in der gesamten EU, ihre Gesundheitsdaten bequem und sicher auf Smartphones oder elektronischen Gesundheitskarten zu speichern und sie bei Bedarf mit ihren behandelnden Ärzten zu teilen. Besonders in Notfallsituationen im Ausland kann dies lebensrettend sein, da wichtige Informationen wie Medikationspläne, Vorerkrankungen, Allergien, bildgebende Verfahren und Laborergebnisse schnell zugänglich sind. Diese digitale Patientenakte kann im Extremfall Leben retten kann, indem sie Missverständnisse vermeidet und eine gezielte Behandlung ermöglicht.

Als Europäische Union setzen wir dafür ein, dass Gesundheitsdaten pseudonymisiert, also ohne Rückverfolgbarkeit, für Forschungszwecke genutzt werden können. Dies ist von großem Wert für die Bekämpfung von Krankheiten wie Krebs und war ein wichtiger Bestandteil des Europäischen Krebsaktionsplans von 2021. Die Entscheidung ist damit auch sehr wichtig für Wissenschaftler, die Patienten mit seltenen Erkrankungen helfen wollen, denen wir bisher nicht ausreichend helfen konnten. Krebsforscher aus ganz Europa haben verzweifelt auf diesen Beschluss gewartet.

Europäisches Parlament unterstützt einen Europäischen Gesundheitsdatenraum

 

„Stille“ Pandemie der Antibiotikaresistenzen bekämpfen

Jährlich sterben in der EU mehr als 35.000 Menschen, weil Antibiotika gegen resistente Keime nicht mehr wirken. Das EU-Parlament unterstützt nun Maßnahmen, um dieser wachsenden Bedrohung entgegenzuwirken. Dabei geht es vor allem um strengere Regulierungen für den Einsatz von Antibiotika in der Human- und Tiermedizin. Eine wesentliche Neuerung ist die Forderung nach einer vorherigen Diagnostik vor der Verabreichung von Antibiotika, zum Beispiel durch Schnelltests. Diese Regelung soll unnötige Anwendungen verhindern und sicherstellen, dass Antibiotika nur bei Bedarf eingesetzt werden.

Zusätzlich wird die Einführung einer Sensibilisierungskarte für jede Antibiotikaverpackung gefordert, die Patienten dazu anhält, die Medikamente nur nach Verschreibung und für die vorgeschriebene Dauer zu verwenden. Dies soll helfen, die Entwicklung von Resistenzen zu verhindern. Außerdem wurde eine EU-weite Verschreibungspflicht für Antibiotika beschlossen. Ein weiterer entscheidender Ansatz des Parlaments ist die Schaffung eines Anreizsystems zur Förderung der Entwicklung neuer Antibiotika. Dieses Gutschein-/Voucher-System gewährt Pharmaunternehmen, die neue Antibiotika entwickeln, einen Gutschein, der für verlängerte Marktexklusivität bei anderen Medikamenten eingelöst werden kann. Dies soll die finanziellen Hürden der Antibiotikaentwicklung überwinden helfen und die Verfügbarkeit neuer Behandlungsoptionen sicherstellen.

EU-Parlament verstärkt Kampf gegen Antibiotikaresistenzen

 

Strategien gegen den Ärztemangel in ländlichen Gebieten

In Deutschland ist der Mangel in der medizinischen Versorgung besonders in ländlichen Regionen spürbar. Obwohl sich in den letzten Jahrzehnten die Arztdichte mehr als verdoppelt hat, bleibt die Verteilung der Ärzte ist ungleich. In den Städten gibt es oft eine Überversorgung, während ländliche Gebiete unterversorgt bleiben. Junge Mediziner ziehen eine geregelte Arbeitszeit vor, was die traditionelle Vorstellung einer 80-Stunden-Woche unattraktiv macht. Darüber hinaus streben Ärzte heute nach einer besseren Work-Life-Balance und sind weniger interessiert an der Übernahme der Risiken, die mit einer eigenen Praxis verbunden sind. Das LEADER-Projekt „UnternehmenswertArzt“ im Kreis Olpe zeigt, wie man innovative Lösungen zur Bekämpfung des Ärztemangels umsetzen kann. Durch Unterstützung der EU fördert dieses Projekt die Niederlassung junger Mediziner durch ein Netzwerk von Beratern und bietet kostenlose rechtliche sowie wirtschaftliche Beratung an. Diese Maßnahmen helfen, die Hürden für eine Niederlassung zu senken und die ärztliche Versorgung in unterversorgten Gebieten zu verbessern.


Außerdem brauchen wir mehr Medizinstudienplätzen, um den Bedarf an Nachwuchs zu decken. Projekte wie die neue medizinische Fakultät in Bielefeld und die Pläne der Universität Siegen zeigen, dass auch in ländlichen Regionen qualifizierte Ärzte ausgebildet werden können. Diese Strategien tragen dazu bei, dass junge Mediziner in den Regionen bleiben, in denen sie studiert haben. Um den Arztberuf attraktiver zu machen, muss jedoch auch die Arbeitslast durch Delegierung an andere medizinische Berufe verringert werden. Physiotherapeuten könnten beispielsweise als Erstkontakt dienen, was die Ärzte entlastet. Am Ende muss die Wertschätzung medizinischen Personals durch die Politik nicht nur durch Worte, sondern auch durch konkretes Handeln zum Ausdruck kommen.

Redebeitrag zum Thema „Medizinische Versorgung im ländlichen Raum“

 


Europäische Harmonisierung für die Blutspende - Stärkere Rechte und Schutz für Spender und Empfänger

Die neue SoHO-Verordnung ist ein Meilenstein, der eine über 20 Jahre alte Gesetzgebung aktualisiert und eine bessere Sicherheit und Qualität für Blut, Gewebe und Zellen gewährleistet und ebnet gleichzeitig den Weg für innovative medizinische Technologien. Dies ist entscheidend für die Transfusionstherapie, Transplantationsmedizin und medizinisch unterstützte Fortpflanzung in der EU, die jährlich Millionen von Bürgern betrifft.
Durch die Schaffung einer gemeinsamen EU-Plattform für die Registrierung und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedsstaaten wird eine effiziente Überwachung und Koordination sichergestellt. Diese Plattform ist ein entscheidendes digitales Instrument, um den neuen Rahmen wirksam umzusetzen und eine kontinuierliche Versorgung zu gewährleisten.

Ein wichtiger Punkt in den Verhandlungen war die Frage der Entschädigung für Spender. Wir haben uns auf das System der freiwilligen unentgeltlichen Spende geeinigt, um finanzielle Anreize zu vermeiden, die zu einer Ausbeutung des menschlichen Körpers führen könnten. Diese Regelung bewahrt den altruistischen Charakter der Spenden und stärkt gleichzeitig die Autonomie der EU in Bezug auf die Verfügbarkeit dieser wichtigen Substanzen.
Die Einigung zum Gesetz ist ein weiterer Schritt auf dem Weg zu einer Europäischen Gesundheitsunion und unterstreicht unsere Entschlossenheit, die Gesundheit und das Wohlergehen unserer Bürgerinnen und Bürger zu schützen.

Einigung über neue Vorschriften für Substanzen menschlichen Ursprungs