Das Land steht über der Partei

Armin Laschet hat recht: Es wird nicht nur bei hohen Infektionszahlen bleiben, sondern auch die Zahl der Krankheits- und Todesfälle wird steigen

Der CDU-Gesundheitspolitiker Dr. Peter Liese begrüßt den Beschluss des CDU-Bundesvorstands, den Parteitag im Dezember und die Wahl des neuen CDU-Vorsitzenden zu verschieben. „Ich bedaure, dass das notwendig ist, denn als Partei bräuchten wir eigentlich schon längst eine Klärung der Führungsfrage und ich finde es für die drei Kandidaten, die ich alle persönlich sehr gut kenne und schätze, schon schwierig, wenn die Sache jetzt noch einmal verschoben wird. Aber in der vorgesehenen Form eines Präsenz- oder Hybridparteitages wäre die Sache einfach nicht vermittelbar gewesen.

Die Bundeskanzlerin fordert uns zurecht auf, Corona viele ernster zu nehmen, als wir das in den letzten Wochen getan haben. Und wenn jetzt Armin Laschet, der lange Zeit eher für eine weitere Öffnung plädiert hat, wörtlich sagt, dass es nicht nur bei hohen Infektionszahlen bleiben, sondern auch die Zahl der Krankheits- und Todesfälle steigen wird, und dass wir uns auf sehr harte Wochen einstellen müssen, dann sollte jeder wachsam sein, denn Armin Laschet hat leider recht. Die bisher in Deutschland durchgeführten Maßnahmen reichen bei Weitem nicht aus. Das sehe ich als Europaabgeordneter in der Entwicklung der Pandemie in Belgien, den Niederlanden, Tschechien und vielen anderen Ländern.

Die Maßnahmen kamen immer drei, vier Wochen zu spät und jetzt sind in diesen Ländern wieder die Intensivstationen überlastet. Wir müssen weg von der Diskussion, welche Coronaschutzmaßnahmen alle überflüssig sind. Vielmehr müssen wir uns jetzt klar machen, dass es uns im März und April gelungen ist, das Virus auf ein Minimum runter zu drücken.

Die bisherigen Maßnahmen gegen das Coronavirus haben in diesem Herbst noch nirgendwo ausgereicht/ Überlastung des Gesundheitswesens und hunderte von Toten pro Tag eher wahrscheinlich als ausgeschlossen / Wir werden im Frühjahr wahrscheinlich zig Millionen Deutsche impfen können

In vielen europäischen Ländern ist das Coronavirus außer Kontrolle. In Belgien, den Niederlanden, Tschechien und Spanien sind die Gesundheitssysteme schon überlastet und die Zahlen steigen in praktisch allen EU-Ländern trotz Einschränkungen weiter an. Peter Liese beobachtet das Infektionsgeschehen sehr intensiv: „Natürlich ist es falsch, in Panik zu verfallen. Wir müssen einen klaren Kopf bewahren. Aber ich mach mir große Sorgen und wir müssen handeln. Alle Bürgerinnen und Bürger und auch alle politisch Verantwortlichen müssen jetzt stärker auf die Ratschläge, zum Beispiel des Europäischen Seuchenbekämpfungszentrums (ECDC) und des Robert- Koch-Instituts hören. Und dort ist ganz klar formuliert: Zusammenkünfte von Menschen ohne Maske, Abstand und adäquate Belüftung sind Treiber des Infektionsgeschehens. Wir sollten uns, wann immer möglich, nicht mit mehr als zehn Leuten treffen, jedenfalls dann, wenn Abstand, Maske und Lüftung nicht möglich sind. Und am besten sollten die zehn Leute nicht aus mehr als zwei Haushalten kommen. Das heißt übersetzt, dass wir auch die Gastronomie nicht mehr so wie bisher weiterlaufen lassen können, denn beim Essen und Trinken hat man ja definitionsgemäß keine Maske auf. Auch für Betriebe gilt, dass Zusammenkünfte entweder mit Maske, Abstand und Belüftung stattfinden oder gar nicht.

Peter Liese: Weniger Geld für große Agrarbetriebe/ Mehr Unterstützung für bäuerliche Landwirtschaft und Umweltschutz

Mit großer Mehrheit hat das Europäische Parlament am Freitag seinen Vorschlag für die Gemeinsame Agrarpolitik der nächsten Jahre angenommen. Der Vorschlag weicht deutlich von dem Papier ab, dass der Ministerrat in der Nacht zum Mittwoch beschlossen hat. Insbesondere beim Thema Kappung und beim Thema Umweltschutz setzen die Abgeordneten andere Akzente. „Wir haben beschlossen, dass, wie von der Europäischen Kommission vorgeschlagen, jeder Mitgliedstaat verbindlich ab 60.000 Euro pro Betrieb die Zahlungen für die Betriebe reduzieren muss und ab 100.000 Euro eine Kappung stattfindet. Von dieser Größenordnung darf man nur abweichen, wenn besondere Bedingungen gelten, wenn z.B. kleinere Betriebe sich zu Großen zusammenschließen und entsprechend viele Arbeitsplätze auf dem Betrieb angesiedelt sind oder, wenn man besonders umweltfreundlich wirtschaftet. Ein einzelner Landbesitzer darf aber, auch wenn er verschiedene Betriebe hat, niemals mehr als 500.000 Euro erhalten. Damit wollen wir vor allen Dingen Auswüchse wie die des tschechischen Ministerpräsidenten Babiš verhindern. Von der Kappung kann man nur abweichen, wenn man mindestens 12% des Geldes an kleinere Betriebe verteilt (Anreicherung der ersten Hektar). Dies würde für die kleineren Betriebe eine noch stärkere Unterstützung bedeuten, als wenn der Günther Oettinger-Vorschlag von den Mitgliedstaaten umgesetzt wird. Ich halte diese Beschlüsse für sehr wichtig und bitte Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner, sich in den anstehenden Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament in dieser Hinsicht kompromissbereit zu zeigen. Große Betriebe brauchen die Unterstützung weniger und es ist ein Wert an sich, wenn der Landwirt auf seinem Hof wohnt und nicht irgendein Investor die Gelder erhält. Durch die dörfliche Struktur und den Dialog mit den Nachbarn, sind bäuerliche Landwirte, die vor Ort arbeiten, auch automatisch stärker an Umwelt- und Tierschutz interessiert“, so Liese.

Peter Liese:
Kompromiss des Europäischen Parlaments ist gut für Umwelt und Landwirtschaft / Deutlich ambitionierter als Ergebnis des Agrarrates / Kritik von Grünen und Umweltverbänden überzogen

„Die Kompromissanträge der drei größten Fraktionen im Europäischen Parlament zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik, die am Dienstagabend mehrheitlich angenommen wurden, sind gut für Umwelt und Landwirtschaft. Wir unterstützen die Bauern dabei, umweltfreundlicher zu produzieren. Ein großer Teil der Flächenprämie, nämlich 30 Prozent, werden nicht mehr nur an die bisher bestehenden Umwelt- und Tierschutzauflagen gekoppelt, sondern nur dann ausgezahlt, wenn die Landwirte sich bereit erklären, zusätzliche Anstrengungen für den Umwelt-, Natur- und Klimaschutz zu leisten. Das heißt übersetzt, Landwirte, die viel für den Umweltschutz tun, bekommen in Zukunft mehr Geld, Landwirte, die über die gesetzlichen und bisher geltenden Auflagen nicht hinaus gehen wollen, müssen sich auf deutliche Kürzungen einstellen.

Das Europäische Parlament liegt mit seinem Ansatz, 30 Prozent für solche Ökoschemes festzuschreiben, deutlich über dem Ansatz des Ministerrates. Das liegt aber nicht an der deutschen Bundesregierung. Julia Klöckner hat sich sehr bemüht, einen guten Kompromiss zu finden, sie musste aber mit Widerstand aus vielen Ländern kämpfen, denen jegliches Umweltambitionsniveau zu hoch war.