Kein Wundermittel aber deutlich verbesserter Schutz
Großangelegte Impfkampagne im Herbst aus vielen Gründen sinnvoll
Mit der Zulassung von mindestens einem angepassten Impfstoff gegen COVID-19 rechnet Dr. med. Peter Liese, der gesundheitspolitische Sprecher der größten Fraktion im Europäischen Parlament (EVP-Christdemokraten). „Der bivalente Impfstoff von Moderna wird voraussichtlich im Herbst, vielleicht sogar schon am 1. September von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) zugelassen werden. Das Präparat enthält dann neben dem bisher verfügbaren Impfstoff gegen den Ursprungstyp (Wuhan-Typ) einen Impfstoff gegen die Omikron-Variante BA.1, welche in den ersten Monaten dieses Jahres das Infektionsgeschehen in der EU beherrschte. Auch BioNtech arbeitet an mehreren angepassten Impfstoffen. Neben einer Kombination aus BA.1 und Wuhan-Typ forscht das Unternehmen auch an einem bivalenten Impfstoff aus der Omikron-Variante BA.4/5 (die derzeit zirkulierende Variante) und Wuhan. BioNtech fordert dabei, auf die klinische Prüfung zu verzichten, um den angepassten Impfstoff schneller auf den Markt zu bringen. Dies ist nach der derzeitigen Rechtslage in der Europäischen Union möglich, die wissenschaftlichen Gremien, die dafür zuständig sind, haben die Frage aber noch nicht abschließend entschieden. Des Weiteren arbeitet die Firma Sanofi an einem Impfstoff, der auf der Beta-Variante des Virus basiert, welche zwischen dem Wuhan-Typ und der Omikron-Variante liegt und daher auch einen etwas besseren Schutz als die Ursprungsimpfstoffe bieten könnte“, so schildert Liese.
Zur Wirksamkeit der neuen Impfstoffe erwartet Liese: „Die neuen Impfstoffe werden, einen deutlichen Fortschritt bei der Pandemiebekämpfung bedeuten. Sie werden nach meiner Einschätzung besser gegen einen schweren Verlauf schützen. Voraussichtlich sind sie aber keine Wundermittel und der Schutz gegen Infektionen wird nach wie vor deutlich unter 100 Prozent liegen, wahrscheinlich sogar deutlich unter dem über 90-prozentigem Schutz, die in den klinischen Prüfungen im Jahr 2020 festgestellt wurden.“
Das bedeutet für das politische Handeln jetzt und im Herbst zweierlei: „Niemand sollte auf die angepassten Impfstoffe warten, wenn er bisher keinen ausreichenden Impfschutz hat. Das heißt, wer noch gar nicht geimpft ist, sollte schnellstmöglich mit der Grundimmunisierung beginnen. Wer noch keinen Booster (dritte Impfung) hat, sollte sich diesen jetzt holen und Personen über 60 oder Personen mit Risiko sollten sich jetzt angesichts der hohen Inzidenzen die vierte Impfung, also den zweiten Booster geben lassen. Für den Herbst brauchen wir erneut eine großangelegte Impfstrategie. Die Produktionskapazitäten in der Europäischen Union und weltweit sind mittlerweile so groß, dass sich die Situation aus der ersten Hälfte des vergangenen Jahres, in der viele Menschen lange auf einen Impftermin warteten, nicht wiederholen muss. Wenn es genügend Impfstellen gibt, kann jeder, der dies will, in zwei bis drei Monaten einen angepassten Impfstoff erhalten“, so Liese.
Hintergrundpapier: Angepasste Impfstoffe gegen Covid-19 für kommenden Herbst und Winter