Peter Liese drängt auf gezielte Maßnahmen; vor allem Feiern mit vielen Menschen in geschlossenen Räumen müssen schnell verboten werden
Hoffnung auf Impfstoff zu Beginn des nächsten Jahres, generelle Erleichterung im Frühling


Mit großer Sorge schaut Dr. med. Peter Liese auf die Entwicklung der Corona-Pandemie in Deutschland und den europäischen Nachbarstaaten. „In Spanien ist das Virus bereits außer Kontrolle und es sterben sehr viel mehr Menschen als noch im Juni oder Juli. In vielen Ländern um uns herum steigen die Zahlen dramatisch und in Städten wie Hamm geht es auch besorgniserregend nach oben. Wenn wir jetzt nicht klug handeln, werden wir auch in Deutschland massive Probleme haben“, so Liese. Er forderte Konsequenzen aus den wissenschaftlichen Erkenntnissen zu ziehen und die Maßnahmen gezielter als bisher durchzuführen. „Wir wissen mittlerweile sehr gut, dass Masken schützen. Deswegen halte ich es auch bei deutlich steigenden Zahlen für falsch, Geschäfte und Schulen komplett zu schließen. Eine Wiedereinführung der Masken-Pflicht in Schulen wäre dem gegenüber ein deutlich milderes Mittel. Vor allem müssen wir schnell zu besseren Regelungen bei Veranstaltungen, insbesondere Feiern in geschlossenen Räumen, kommen. Ich halte es für falsch, dass in NRW 150 Menschen, etwa zu einer Geburtstagsfeier, zusammenkommen können und dass dabei weder Abstand noch Maske vorgeschrieben sind. Wenn wir Maßnahmen wie die Schulschließung, die jetzt in Bayern schon wieder in einer Stadt flächendeckend stattfinden, vermeiden wollen, müssen wir dort ansetzen, wo sich das Virus stark verbreitet“, so Liese der auch gesundheitspolitischer Sprecher der größten Fraktion im Europäischen Parlament (EVP-Christdemokraten) ist.


„Ich nehme das Argument sehr ernst, dass Gastronomen unter den Einschränkungen leiden und auf keinen Fall darf es dazu kommen, dass große Feiern, anstatt in Restaurants und Gaststätten, vermehrt in privaten Räumen durchgeführt werden. Obwohl ich kein Jurist bin, kann ich mir nicht vorstellen, dass es korrekt war, viele Grundrechte im März und April drastisch einzuschränken, dass es aber völlig undenkbar ist, große Feiern in privaten Räumen einzuschränken. Das Virus interessiert sich jedenfalls nicht für diese theoretische Debatte und ich finde es fair, parallel zur Einschränkung in der Gastronomie auch Einschränkungen bei großen privaten Feiern, in privaten Räumen, zu beschließen. Die Verbreitung des Virus geschieht in geschlossenen Räumen 18-mal stärker als draußen. Deswegen müssen die Regeln in geschlossenen Räumen eigentlich auch 18-mal stärker als draußen sein. Eine Masken-Pflicht auf öffentlichen Plätzen bringt daher aus meiner Sicht wenig und sollte wirklich nur im äußersten Notfall, wenn es große Menschenansammlungen gibt, in Erwägung gezogen werden.“ Doch der heimische Abgeordnete und Arzt möchte nicht nur warnen, sondern auch Hoffnung machen.

„Viele Menschen fragen mich: -Wie lange geht das ganze noch, wir können doch nicht über viele Jahre mit diesen Einschränkungen leben? - und das kann ich gut verstehen. Deswegen glaube ich, es ist ganz wichtig darauf hinzuweisen, dass wir eine realistische Chance haben, dass noch in diesem Jahr ein oder mehrere Impfstoffe zugelassen werden und dass wir auch bereits in den ersten Monaten des nächsten Jahres genügend Impfstoff haben, um Millionen Menschen in Deutschland und Europa zu impfen. Dies ist kein Versprechen und keine Garantie, aber eine realistische Einschätzung nach vielen Gesprächen, die ich mit Wissenschaftlern, Zulassungsbehörden, Industrie und anderen Experten geführt habe. Wir haben das Zulassungsverfahren in der Europäischen Union maximal beschleunigt, ohne Abstriche bei der Sicherheit zu machen. Alle Impfstoffe, die in Europa zugelassen werden, müssen an einer fünfstelligen Zahl von Probanden getestet werden. Politische Manipulation wie in Russland wird es nicht geben. Außerdem hat die Europäische Kommission schon mit sechs Impfstoffherstellern, die zum Teil unterschiedliche Techniken nutzen, Verträge über die Lieferung abgeschlossen. Es wird jetzt schon mit der Produktion begonnen, das heißt, dass wir im Falle einer Zulassung nicht monatelang warten müssen, bis die ersten Menschen geimpft werden können. Natürlich muss man Prioritäten setzen und am Anfang werden vor allen Dingen Mitarbeiter im Gesundheitswesen und Risikopatienten geimpft werden können. Aber auch das hat schon einen positiven Effekt und die Pandemie wird ihren Schrecken verlieren. Ich kann daher wirklich Mut machen, dass wir im kommenden Frühjahr das Schlimmste überstanden haben. Wenn wir wieder mehr draußen sind und ein bedeutender Teil der Bevölkerung geimpft ist, können wir, gemeinsam mit anderen Effekten, zu einer schrittweisen Normalisierung des öffentlichen Lebens zurückkehren. Bis dahin müssen wir allerdings sehr vorsichtig sein. Leider erwarte ich noch einen sehr harten Herbst und Winter. Gezielte Einschränkungen können vermeiden, dass zusätzlich Tausende von Menschen am Corona-Virus sterben und ich finde, diese Anstrengung lohnt sich, mit der Perspektive, dass wir im Frühjahr dann eine Normalisierung des öffentlichen Lebens bekommen“, so Liese abschließend.