Arzneimittelproduktion nach Europa zurückverlagern / Unabhängiger von China und Indien werden / Ausschreibungspraxis der Krankenkassen ändern


Der Gesundheitsausschuss des Europäischen Parlaments hat heute auf Initiative der EVP-Fraktion seine Position festgelegt, wie in Zukunft Arzneimittelengpässe in der Europäischen Union vermieden werden können. Arzneimittelknappheit gab es bei bestimmten Arzneimitteln schon vor der Coronakrise, diese hat das Problem jedoch noch einmal verschärft. „Die Coronakrise hat uns noch einmal verdeutlicht, wie sehr wir bei der Produktion von Arzneimitteln in den Händen von Drittstaaten wie China und Indien liegen. Deshalb wollen wir die Arzneimittelproduktion in Europa unterstützen. Das ist fraktionsübergreifend Konsens“, so der gesundheitspolitische Sprecher der größten Fraktion im Europäischen Parlament (EVP-Christdemokraten), Dr. med. Peter Liese.

Die Hauptgründe für die zunehmende Abhängigkeit in der Arzneimittelproduktion sieht Liese darin, dass in den vergangenen Jahren allein auf die Kosten der Produktion geachtet wurde, während das wichtige Thema Versorgungssicherheit bei den Ausschreibungen der Krankenkassen oder staatlichen Gesundheitsbehörden keine Rolle gespielt habe. Es fehlten außerdem gesetzliche Rahmenbedingungen, die eine Produktion in Europa begünstigt hätten. „Wir wollen deshalb eine generelle Diversifizierung der Produktion. Es kann und darf nicht sein, dass die Arzneimittelversorgung für schwerkranke Patienten von einer einzigen Fabrik in China oder Indien abhängt. Ebenso wenig darf es sein, dass wir von einer einzelnen Fabrik in Europa abhängig sind, deren Produktion ja ebenso ausfallen kann. Deshalb wollen wir, dass bei den Ausschreibungen durch die Krankenkassen oder die staatlichen Gesundheitssysteme auch andere Kriterien einbezogen werden müssen als allein der Preis. So sollen mindestens zwei Produktionsstätten für die Ausgangssubstanz bereitstehen, wovon eine in Europa sein muss“, so der Arzt und Europaabgeordnete.

„Unsere Vorschläge decken sich mit den Prioritäten der deutschen Ratspräsidentschaft und Gesundheitsminister Spahn, der das Thema Arzneimittelknappheit zu einer Priorität der Präsidentschaft gemacht hat. Gemeinsam mit Rat und Kommission können wir in den nächsten Monaten hier für die Patienten viel erreichen, denn ich teile die Einschätzung von Minister Spahn: Es sollte sich nicht in China entscheiden, ob wir in Europa ausreichend Schutzmasken oder Medikamente haben“, so Liese abschließend.

Das Plenum wird über den Bericht in der Plenartagungswoche im September abstimmen.