Gefahr von Coronavirus nicht unterschätzen / auch auf europäischer Ebene besorgniserregender Wettbewerb zu Lockerung / Unterschiedliche Testmethoden führen schon in Südwestfalen zu unterschiedlichen Zahlen, daher Vorsicht geboten

„Zu viel und zu schnelle Öffnung von Geschäften, Gaststätten und anderen Bereichen des öffentlichen Lebens sind in der Tat brandgefährlich. Ich stimme in dieser Frage mit den Virologen überein, die anlässlich der Debatte in Deutschland warnen. Wir haben in Deutschland eine extrem erfreuliche Entwicklung im Vergleich zu europäischen Nachbarstaaten wie Italien, Spanien und auch Großbritannien. Das liegt aber daran, dass wir erstens früher gewarnt waren als andere und deswegen auch früher getestet haben und dass wir zweitens den Lockdown früher durchgeführt haben als zum Beispiel Großbritannien. Großbritannien hat Schulen und Gaststätten nur wenige Tage später geschlossen und hat jetzt mehr Tote als Italien. Das zeigt, dass die Maßnahmen richtig waren. Ich verstehe jeden, der sich wieder ein Stück weit Normalität wünscht. Aber die Sache kann auch nach hinten losgehen. Wenn wir jetzt zu viel lockern, kann der Sommerurlaub für die meisten erst recht ins Wasser fallen, weil wir dann einen neuen Höhepunkt der Infektion erleben“, so der gesundheitspolitische Sprecher der größten Fraktion im Europäischen Parlament (EVP-Christdemokraten) Dr. Peter Liese.



Peter Liese wies darauf hin, dass die Gefahr besteht, dass in bestimmten Kreisen zu wenig getestet wird, damit man bestimmte Lockerung aufrechterhalten kann. "Grundsätzlich halte ich es für richtig, dass die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten entschieden haben, dass ab einer Zahl von 50 positiv Getesteten pro Hunderttausend wieder strengere Maßnahmen in Kraft treten. Aber wir sehen in Südwestfalen, zum Beispiel im Kreis Olpe, dass die Frage, wie viel man findet, auch immer von der Zahl der Tests abhängt. Der Kreis Olpe wäre nach den neuen Maßgaben möglicherweise eher ein Kandidat für Schließungen als andere Kreise. Die höheren Zahlen im Kreis Olpe hängen aber auch mit der größeren Anzahl von Tests, insbesondere im Altenheim, zusammen. Es darf auf keinen Fall dazu kommen, dass weniger getestet wird, damit man nichts findet", so Liese.

Liese berichtete aus seinen Gesprächen mit Kollegen aus anderen Mitgliedsländern darüber, dass es eine generelle Tendenz zu schnellen Öffnungen, zum Beispiel auch im internationalen Fremdenverehr gebe. "Wir müssen jetzt alle gemeinsam aufpassen. Ich glaube, um das öffentliche Leben zu normalisieren und die Gefahr einer vielleicht noch schlimmeren zweiten Welle zu verhindern, brauchen wir unbedingt digitale Lösungen. Die Bedenken gegen die App und digitale Armbänder für diejenigen, die kein Smartphone haben, wiegen nicht so schwer, dass man zehntausende von Toten riskieren sollte oder die enormen wirtschaftlichen und sozialen Schäden rechtfertigen kann", so Liese.