„Das Theater in der Ampelkoalition zum Thema Verbrennungsmotor ist klimapolitisch und europapolitisch ein Riesenproblem. Aus meiner Sicht gilt sowohl für die inhaltliche Position als auch für das Verfahren, dass hier für minimale Fortschritte ein Riesenschaden angerichtet wird“, dies erklärte umweltpolitische Sprecher der größten Fraktion im Europäischen Parlament (EVP-Christdemokraten), Peter Liese.

Klimapolitisch bringt das Verbrenner-Verbot nur einen sehr geringen Fortschritt. Nach Zahlen der Europäischen Kommission trägt die entsprechende Gesetzgebung CO2-PKW für die Klimaziele bis 2030 nur 60 Millionen Tonnen CO2-Einparung bei (falls klimaneutrale, z.B. synthetische, Kraftstoffe genutzt werden und die Ziele beibehalten werden, wäre im Übrigen die gleiche CO2-Einsparung zu verzeichnen). Im Vergleich dazu bringt der Emissionshandel 1.500 Millionen Tonnen CO2-Einparung, also 25-mal so viel. Der Schaden für die Unternehmen die bisher Teile für den Verbrennungsmotor herstellen ist dagegen erheblich. „Ich bestreite nicht, dass der Umstieg auf die Elektromobilität auch ohne die Gesetzgebung durch Vorgaben vieler Automobilhersteller kommen wird, aber man muss ihn nicht mit der Brechstange herbeiführen und niemand weiß, wie der Markt in 2035 tatsächlich aussieht“, erklärte Liese.


„Auch vom Verfahren her gilt, dass was insbesondere FDP und Grüne hier aufführen, wird am Ende wenig bringen und richtet europapolitisch einen Riesenschaden an“, sagte Liese, „Die FDP hat sich bereits im letzten Juni bei der Einigung im Ministerrat auf einen aus meiner Sicht faulen Kompromiss eingelassen. In einem rechtlich unverbindlichen Erwägungsgrund wurde entgegen anderslautender Behauptung, das Verbrenner-Verbot an sich nicht infrage gestellt, sondern lediglich für Fahrzeuge, die bis dahin gar nicht geregelt waren (zum Beispiel Polizei, Feuerwehr, Krankenwagen und Militär). Ein Auftrag an die Kommission formuliert hier, Möglichkeiten für synthetische Kraftstoffe zu ermöglichen (Erwägungsgrund 11: „Nach Konsultation der Interessenträger wird die Kommission – in Übereinstimmung mit dem Unionsrecht, außerhalb des Geltungsbereichs der Flottenzielwerte und in Übereinstimmung mit dem Ziel der Klimaneutralität der Union – einen Vorschlag für die Zulassung nach 2035 von Fahrzeugen, die ausschließlich mit CO2-neutralen Kraftstoffen betrieben werden, vorlegen“). Damit wurde das von der Kommission vorgeschlagene Verbot keineswegs infrage gestellt. Ob sich die FDP hier von Umweltministerin Steffi Lemke über den Tisch hat ziehen lassen oder selber gute Miene zum bösen Spiel gemacht hat, ist für mich nicht klar.

Der Arbeitsauftrag an die Europäische Kommission ist jedenfalls erst dann rechtswirksam, wenn das ganze Verfahren abgeschlossen ist und gerade das blockiert die FDP zurzeit. Bundesverkehrsminister Wissing hat inhaltlich recht. Der Beschluss, der auf dem Tisch liegt, ist inhaltlich schlecht, aber vom Verfahren her liegt er völlig falsch. Die FDP hätte diesem Text im Juni letzten Jahres einfach nicht zustimmen dürfen und hätte sich in den Monaten vor Juni schon entsprechend einbringen müssen. Wenn es der FDP ernst gewesen wäre, hätte sie von Anfang an der Position des Ministerrates nicht zustimmen dürfen. Dass vor allem wegen Wahlniederlagen auf Landesebene jetzt das Verfahren in ganz Europa blockiert wird, würde dann Sinn ergeben, wenn die Chance besteht, die Gesetzgebung komplett neu aufzurollen. Damit rechne ich aber keinesfalls. Es wird wieder einen Formelkompromiss geben und das Grundproblem wird nicht gelöst, aber die Partner in Europa sind einmal mehr durch die unkoordinierte Haltung der Ampel-Regierung verschreckt. Ich erwarte nur minimalen Fortschritt in der Sache und dafür großen Schaden in der Europapolitik. Möglicherweise werden wir das teuer bezahlen, wenn andere Mitgliedstaaten sich bei ähnlichen Fragen genauso verhalten und Entscheidungen blockieren, die für Deutschland wichtig sind. In der Klimapolitik muss Bundeskanzler Olaf Scholz endlich die von ihm versprochene Führung zeigen. Der öffentliche Streit um viele Fragen beim Klimaschutz schadet der Sache und schmälert den Einfluss Deutschlands in Europa. Ohne Zweifel gab es solche Probleme auch in früheren Regierungen, zum Beispiel in der großen Koalition, aber ein solches Theater habe ich in vielen Jahren europäischer Umweltpolitik noch nicht erlebt“, so Liese.