Peter Liese unterstützt Andreas Jung, MdB/ Wir werden im Winter europäische Solidarität brauchen/ Unsere Nachbarn verlangen deutschen Sonderweg am Tempolimit zu verlassen und nicht in der schlimmsten Energiekrise wichtige Kraftwerke abzuschalten/ Potenzial bei niederländischem Gas


Der umweltpolitische Sprecher der Christdemokraten im Europäischen Parlament, der CDU-Abgeordnete Peter Liese unterstützt die Forderungen seines Berliner Kollegen Andreas Jung, MdB zur Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke in Deutschland und zu einem zeitlich befristeten Tempolimit von 130.

„Andreas Jung hat Recht, wenn er sagt, dass jetzt alle aus ihren Schützengräben heraus müssen und wir ganz dringend jedes Potenzial nutzen müssen, um von russischen Energieimporten unabhängiger zu werden und gleichzeitig das Klima schützen müssen. Unsere europäischen Partner haben kein Verständnis für die Diskussion in Deutschland. Wir sind praktisch das einzige europäische Land ohne Tempolimit und auch wenn der Beitrag zum Energiesparen sehr gering ist; im Moment müssen wir alle Möglichkeiten nutzen, um unabhängiger von russischem Gas, Kohle und Öl zu werden und dabei trotzdem die Preise nicht explodieren zu lassen. Bei der Kernenergie ist die Situation noch dramatischer. Ich werde praktisch täglich von Kolleginnen und Kollegen aus anderen EU-Ländern angesprochen, wie es sein kann, dass Deutschland in dem wahrscheinlich härtesten Winter seit über 70 Jahren, die drei verbleibenden Kernkraftwerke abstellen kann. Und ich finde sie haben Recht. Mit Überzeugung habe ich letzte Woche gegen die Taxonomie gestimmt, die Kernkraft als grün labelt. Kernenergie ist nicht nachhaltig. Aber die Krise ist so gewaltig, dass wir jede Maßnahme ergreifen müssen. Wenigstens die drei Kraftwerke, die jetzt laufen, müssen uns in den nächsten zwei Wintern Strom liefern. Ich glaube sogar, dass es notwendig sein wird, die drei Kraftwerke, die am 01. Januar diesen Jahres vom Netz genommen wurden, weiterlaufen zu lassen.“, so Liese. In den Niederlanden überlege man derweilen ein Gasfeld in Groningen wieder in Betrieb zu nehmen. Dies berge das Risiko ernsthafter Schäden durch Erdbeben, aber angesichts der Krise sei die Niederlande bereit, dieses Risiko auf sich zu nehmen. „Die Niederlande überlegen dies auch, weil andere EU-Staaten inklusive Deutschland entsprechend Druck machen und sie solidarisch sein wollen.

Es zeichnet sich ab, dass wir diese europäische Solidarität von den Niederlanden und anderen EU-Staaten im Winter dringend brauchen werden.“ Liese schlussfolgert: „Dann müssen auch wir das begrenzte Risiko einer verlängerten Laufzeit in Kauf nehmen. Strom aus Kernkraftwerken kann nicht nur Gas bei der Stromerzeugung ersetzen, es gibt auch eine Reihe von Prozessen in der Industrie, bei denen Strom Gas ersetzen kann und wenn es hart auf hart kommt, müssen wir eben auch mit Strom heizen. Ich glaube viele, die noch immer an der Ideologie festhalten, haben den Ernst der Lage nicht erkannt. Leider haben wir es in den letzten vier Monaten versäumt, alles zu tun was möglich ist. Putin und seine Unterstützer haben in den letzten vier Monaten mehr Geld aus der Europäischen Union für Energie erhalten, als der russische Militärhaushalt im letzten Jahr ausmachte. Die Menschen leiden unter den extrem hohen Energiepreisen und wir fördern damit den Krieg. Das muss endlich aufhören“, so Liese.

„Das Europäische Parlament hatte bei der Gesetzgebung zum Emissionshandel schon auf die Krise reagiert. Im Gegensatz zum Ministerrat haben wir das Ambitionsniveau beim Emissionshandel für die Jahre 2022-2026 abgesenkt. Damit wollen wir der Tatsache Rechnung tragen, dass die Preise auch im Stromsektor enorm hoch sind und wir zurzeit auch mehr Kohle verbrennen müssen, um russisches Gas zu ersetzen. Wir wollen aber diese zusätzlichen CO2-Emissionen, die jetzt entstehen, überkompensieren und daher das 2030-Ziel erhöhen. Dieses Ziel ist auch besonders wichtig für die internationale Debatte, denn praktisch alle wesentlichen Emittenten haben sich bei ihren Verpflichtungen am 2030-Ziel orientiert. Die derzeitige Hitze und die Bilder vom 14./15. Juli letzten Jahres, als in Deutschland 200 Menschen durch Starkregenereignisse und die anschließende Flut ums Leben gekommen sind, zeigen, dass Klimaschutz nach wie vor Priorität haben muss. Aber es zählt vor allem das globale Handeln. Wenn wir also bis 2030 den Ausbau erneuerbarer Energien und die Energieeffizienz deutlich steigern, aber in den nächsten vier Jahren der Industrie und den Verbrauchern etwas mehr Luft zum Atmen geben, dann ist das genau die richtige Antwort auf die jetzige Situation. Kurzfristig brauchen wir Kohle, Kernenergie und alle erdenklichen Maßnahmen zum Energiesparen. Mittel- und langfristig sind Energieeffizienz und erneuerbare Energien die einzige sinnvolle Lösung.“, so Peter Liese.