Unambitioniertes Abkommen für Luftverkehrsindustrie unfair gegenüber anderen Industriezweigen / Flugverkehr weiterhin im EU ETS

Heute hat die Generalversammlung der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) zum ersten Mal in der Geschichte eine internationale Klimaschutzmaßnahme für den Flugverkehr beschlossen. „Das ist zwar historisch, aber unambitioniert“, kommentierte  Dr. Peter Liese, zuständiger Berichterstatter für die Einbeziehung des Flugverkehrs in das ETS und die Stop-the-clock-Entscheidung.

 

„Der Beschluss sieht leider keine Emmissionsreduktion vor, sondern verpflichtet die Teilnehmer  nur auf sogenanntes CO2-neutrales Wachstum. Das heißt, dass in Zukunft steigende Emission ausgeglichen werden müssen. Dies ist umso enttäuschender angesichts der Tatsache, dass der Dachverband der Lufverkehrsunternehmen (IATA) selbst eine Reduzierung der Emissionen um 50 Prozent bis 2050 vorgeschlagen hatte. Das CO2-neutrale Wachstum ist auch nur virtuell denn die Fluggesellschaften werden nur zu einem sogenannten Offset-Verfahren verpflichtet. Dies bedeutet, dass Fluggesellschaften auf dem „CO2-Zertifikate-Markt“ Zertifikate von Klimaschutzprojekten kaufen um ihre Emissionen virtuell auszugleichen. Reale Emissionen an der Quelle werden dadurch nicht reduziert. Darüber hinaus sind die Qualitätsstandards für solche Projekte noch unklar. Im Rahmen des EU-Emissionshandelssystem hatte es in der Vergangenheit auch eine Offsetmöglichkeit gegeben, diese wurde aber inzwischen abgeschafft, u.a. weil es sich schwierig erwies, die wirklich erzielten CO2-Reduktionen nachzuweisen und die Qualität der Projekte einzuschätzen. Darüber hinaus ist die Teilnahme an dem Klimamechanismus ist erst ab 2027 verpflichtend  -  also erst sechs Jahre nach dem ursprünglichen Plan.“ Erfreulich ist allerdings, dass viele Staaten, darunter die Staaten, die die meisten großen Flughäfen besitzen, sich freiwillig verpflichtet haben, teilzunehmen“, so Liese.

Die Emissionen des Luftverkehrs wachsen stetig und auch in Zukunft werden die dadurch verursachten Treibhausgase rapide zunehmen. Deshalb hatte sich die ICAO schon im Jahr 2010 auf das Ziel geeinigt, ab 2020 CO2-neutrales Wachstum des Sektors zu erreichen.

Die Europäische Union hat bereits 2008 eine Richtlinie verabschiedet, die alle Flüge erfasst, die in der EU starten oder landen, auch Interkontinentalflüge. Die Richtlinie wird seit 2012 umgesetzt, aber um eine weltweite Einigung bei der ICAO zu ermöglichen, hat die EU die Uhr zweimal angehalten, so dass in den ersten vier Jahren nur innereuropäische Flüge abgedeckt wurden. „Die EU hat niemals einer internationalen Einigung im Weg gestanden. Leider haben Aussagen von Drittländern diesen Eindruck erweckt. Um guten Willen zu zeigen, haben wir deswegen die Uhr angehalten“, erklärte Liese.

Über die Beschlussvorlage der ICAO, die im Wesentlichen unverändert angenommen wurde, hatte das Plenum des Europäischen Parlaments am Donnerstagmittag noch seine große Enttäuschung zum Ausdruck gebracht. In der angenommenen Resolution heißt es wörtlich „Jede Änderung der bisherigen Gesetzgebung zur Einbeziehung des Flugverkehrs in den Europäischen Emissionshandel ist nur möglich, wenn die Globale Marktbasierte Klimaschutzmaßnahme ehrgeizig ist, in jedem Fall werden innereuropäische Flüge weiterhin im EU Emissionshandel einbezogen bleiben (Paragraph 28[1]).“

Die Abgeordneten müssen nun genau analysieren wie sie mit dem Ergebnis umgehen und welche Konsequenzen dies für die europäische Gesetzgebung hat. Sie haben am Donnerstagmittag noch einmal bekräftigt, dass innereuropäische Flüge auf jeden Fall im Emissionshandel einbezogen bleiben. Die EU Kommission wird bis Ende des Jahres einen Gesetzgebungsvorschlag vorlegen, indem eventuelle Konsequenzen aus dem Beschluss der ICAO gezogen werden.

 

[1]http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-%2f%2fEP%2f%2fNONSGML%2bMOTION%2bB8-2016-1043%2b0%2bDOC%2bPDF%2bV0%2f%2fEN